NIPT-Test (Nicht-invasiver Pränataltest)

Kurz nach 2000 gelang es im Rahmen des HUman GEnome-Projekts (HUGO), Teilstücke der menschlichen Erbsubstanz DNA mit der sogenannten massiven parallelen Sequenzierung halbautomatisch auszuwerten und so das menschliche Erbgut zu entschlüsseln.

Da im Blut einer schwangeren Frau auch DNA des ungeborenen Kindes (sog. zellfreie DNA) zirkuliert, ist man seit 2012 in der Lage, aus einer simplen Blutprobe ab der 10. Schwangerschaftswoche auf genetische Eigenschaften des Kindes zu schliessen. Der Aufwand für diese sogenannte Sequenzierung ist gewaltig, sowohl im Labor als bei der computerunterstützten Auswertung, weshalb nur Speziallabors die entsprechenden Investitionen tätigen können. Das Verfahren wird auch als NIPT bezeichnet (non-invasive prenatal testing = nichtinvasive vorgeburtliche Untersuchungen).

Falls nach Zählung von Millionen von Bruchstücken das Chromosom 21 übervertreten ist, erlaubt dies mit hoher Sicherheit den Schluss, dass das ungeborene Kind drei statt zwei Kopien besitzt und damit eine Trisomie 21 (Down-Syndrom, früher Mongolismus genannt) aufweist.

Links: mütterliches Blut mit Chromosomen der Mutter (grün-gelb) und normalem Anteil kindlicher Chromosomen 21 (rot-blau). Rechts: Bei einem ungeborenen Kind mit Trisomie 21 findet man im Blut der Mutter einen Überschuss an kindlichen (rot-blauen) Chromosomen Nr. 21.
 

VON UNSERER PRAXISGEMEINSCHAFT ANGEBOTENE TESTS

Prendia Start, Prendia Expert

Prendia START analysiert die häufigen autosomalen Trisomien 21, 18 und 13. Diese machen gemeinsam über 75% aller Anomalien aus. Die Bestimmung von numerischen Geschlechtschromosomen-Anomalien (X und Y) kann ohne Mehrkosten als Zusatz von Prendia START verlangt werden.

Der Zusatz Prendia EXPERT weist die folgenden Gruppen von Anomalien nach:

  • Anomalien der Geschlechtschromosomen ("sex chromosome anomalies" oder "SCA"), wie z. B. die Monosomie X, die klinisch am wichtigsten ist (wird als Turner-Syndrom bezeichnet).
  • Seltene autosomale Trisomien. Hier geht es darum, Trisomien für andere Chromosomen als die beim Prendia START untersuchten zu erkennen. Der Test ermöglicht es aber auch, die Entdeckung von Anomalien zu antizipieren, die mit einer klinisch bedeutsamen fetalen Schädigung verbunden sind, aber bei einem scheinbar normalen Karyotyp vorliegen. Solche Beeinträchtigungen können im Zusammenhang mit einer uniparentalen Disomie (UPD) auftreten, die auf eine fehlerhafte Korrektur einer fetalen numerischen Aberration zurückzuführen ist, wodurch ein Satz von zwei Chromosomen entsteht, der nur von einem Elternteil statt von zweien vererbt wird. Diese Art von Anomalien erfordert eine besondere Überwachung und Untersuchungen im Rahmen einer invasiven Pränataldiagnostik.
  • Anomalien der Chromosomenstruktur der Autosome. Diese Art von Anomalie kann zu schweren fetalen Schädigungen führen. Der ergänzende Prendia EXPERT zielt darauf ab, Anomalien (Verlust und Gewinn von genetischem Material) mit einer maximalen Grösse von ca. 7 Mb (Millionen von Basenpaaren) zuverlässig und robust nachzuweisen.

Mit der verwendeten Methode (Illumina VeriSeq NIPT V2 solution) bei Prendia START und EXPERT können Aneuploidien aller Chromosomen sowie grosse, nicht balancierte Anomalien nachgewiesen werden. Ausgeglichene strukturelle Variationen, Polyploidien, uniparentaleDisomien und Anomalien mit einer Grösse von weniger als 7 Millionen Basenpaaren (darunter Punktmutationen und Triplett-Wiederholungen) können mit diesem Test nicht identifiziert werden.

Der Test hat eine Sensitivität von über 99,9% und eine Spezifität von 99,9% für Trisomien der Chromosomen 13, 18 und 21. Für alle Anomalien, die bei einer vollständigen Genomanalyse nachweisbar sind, liegt die Sensitivität bei 95,5% und die Spezifität bei 99,3%.

Zwillingsschwangerschaften stellen Sonderfälle dar. Der Prendia-Test ermöglicht die Analyse im Zusammenhang mit einer Zwillingsschwangerschaft. Das Geschlecht der Föten kann jedoch nicht bestimmt werden, und im Falle einer Anomalie kann der Test nicht definieren, welche(r) Fötus(e) betroffen sein könnte(n). Hierfür ist eine invasive pränatale Diagnostik erforderlich.

Der Test kann auch im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft durchgeführt werden, die durch eine Eizellspende zustande gekommen ist.
 

NIPT-TEST - FAKTEN - UND OFFENE FRAGEN

Die Tests stellen grundsätzlich einen erheblichen Fortschritt dar und erweitern die sog. nichtinvasiven (ohne Punktionsnadel und damit ohne Restrisiko einer Fehlgeburt auskommenden) Erkennungsmöglichkeiten von Erbgutstörungen. Die Experten sind sich mittlerweile einig, dass alle Schwangeren über die Verfügbarkeit von NIPT aufgeklärt werden müssen.

  • Die Tests können ab der 10 bis 12 Schwangerschaftswoche über Selbstzahler in Auftrag gegeben werden. Ab der 12. Schwangerschaftswoche auch über die Krankenkasse. Sie dauern ca. zwei Wochen. Die Kosten (s. oben) werden vorläufig nicht von der Krankenkasse übernommen (bitte klären Sie ab, ob Ihre Zusatzversicherung freiwillig einen Teil der Kosten übernimmt). Es werden 98-99% der Fälle von Trisomie 21 entdeckt, aber nicht alle; insbesondere sogenannte Mosaik-Trisomien werden nicht erfasst. Auch bei Zwillingen kann die Methode derzeit nicht eingesetzt werden. Ein abnormales Testergebnis sollte in jedem Fall mittels Fruchtwasserpunktion (nächstes Kapitel) verifiziert werden.
  • Ein NIPT-Test ersetzt nicht den detaillierten Ultraschall mit 11-14 Wochen. Insbesondere die Messung der Nackentransparenz (NT, vorheriges Kapitel) ist weiterhin sinnvoll, weil dieses Warnzeichen auch auf andere Probleme als die Trisomie 21 hinweisen kann. Wir empfehlen, in der Regel den Ultraschall mit NT-Messung zuerst durchzuführen, nur schon um festzustellen, ob die Schwangerschaft noch in Ordnung ist. Erst dann werden wir mit der Schwangeren zusammen entscheiden, wie weiter vorzugehen ist (konventioneller Ersttrimester-Bluttest, neuer kostenpflichtiger Bluttest, direkt Fruchtwasserpunktion oder keine weiteren Untersuchungen).
     
  • Die neuen Bluttests wurden für Schwangere mit hohem Risiko entwickelt und überprüft. Junge Schwangere mit normaler Nackentransparenz haben ein derart geringes Risiko, dass der neue Bluttest unter Umständen fast ebenso viele falsch positive Ergebnisse liefert wie tatsächliche Probleme erkennt. Jungen Schwangeren mit normaler Nackentransparenz empfehlen wir deshalb eher - nicht nur wegen der Kostenersparnis - in erster Linie den konventionellen Ersttrimester-Bluttest; dem informierten Wunsch nach direktem NIPT werden wir aber immer stattgeben.
     
  • Mittelfristig wird man mit derselben Technik immer mehr Erbgutstörungen erkennen können. Wenn die Verfügbarkeit des Tests steigt und die Kosten sinken, dürfte der Test von der Krankenkasse übernommen werden (für die Krankenkassen resultiert netto eine Kostenersparnis, weil weniger Fruchtwasserpunktionen und Chorionbiopsien zu erwarten sind). Die ärztliche Beratung zu Beginn einer Schwangerschaft ist zweifellos noch komplexer und aufwändiger geworden.
     
  • Unsere Praxisgemeinschaft bietet die neuen Bluttests seit 2012 in Zusammenarbeit mit unseren Partnerlabors an.
     

NIPT-TEST - ETHISCHE ÜBERLEGUNGEN

Unsere Gesellschaft sagt breit abgestützt Ja zu vorgeburtlichen Untersuchungen (und damit in letzter Konsequenz zum Schwangerschaftsabbruch bei krankem Kind). Verteilungsstörungen des Erbguts wie die Trisomie 21 hängen massiv vom Alter der Mutter ab, weshalb viele ältere Mütter in grosser Sorge sind, ob ihr ungeborenes Kind gesund ist. Sämtliche Untersuchungen (Ultraschall, Blutprobe, Fruchtwasserpunktion) sind aber vollkommen freiwillig, und eine Minderheit verzichtet darauf und würde ein behindertes Kind willkommen heißen. Es handelt sich um den alten Gegensatz zwischen «guter Hoffnung sein» und «ein (gesundes) Kind erwarten».

Der Bluttest bringt diesbezüglich nichts prinzipiell Neues, ausser dass die Untersuchung auf Trisomie 21 noch einfacher wird. Ethiker befürchten deshalb, dass - falls immer weniger Kinder mit Trisomie 21 geboren werden - diese Menschen noch weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Unserer Meinung nach soll die informierte Schwangere frei entscheiden können, welche Untersuchungen sie in Anspruch nimmt, und der Respekt gegenüber behinderten Menschen soll nicht von deren Zahl abhängen.


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